TOUR 12/2001
Lesedauer 1:40 Minuten

Marmor, Stein und Eisen bricht...

...aber mein Rad doch nicht. Wer so denkt, fährt auf dem Holzweg. Rennmaschinen sind zwar oft viele Jahre problemlos im Einsatz. Doch der Schein kann trügen, und manchmal versagt ein Bauteil ohne Vorzeichen. Mit fatalen Folgen. TOUR kennt und nennt die Probleme einiger Komponenten-Typen, die immer noch im Einsatz sind. 

Was haben ein gebrochenes Fahrrad-Bauteil und ein gefällter Baum gemeinsam? Klar, beide sind tot. Aber auch ihre Schnitt- beziehungsweise Bruchflächen ähneln sich. Und so wie Naturkundler an den Jahresringen das Alter der Bäume und das Wachstum pro Jahr herauslesen können, erkennen Material-Fachleute an den Ringen im Werkstoff, wie es zum Versagen der Konstruktion kam. Oft sind nur winzige Mängel daran schuld, dass der Zahn der Zeit allzu heftig an einer Rennrad-Komponente nagt. Das Hinterlistige an so genannten Dauerbrüchen ist, dass es von außen kaum zu sehen ist, wenn ein Riss immer größer wird. Irgendwann ist das Bauteil dann so instabil, dass es seine Funktion nicht mehr erfüllen kann und schlagartig zerbricht.

Kommentar

Moderne Rennmaschinen sind unter konstruktiven Gesichtspunkten Leichtbauten, und sie werden meist intensiv genutzt. Beide Faktoren lassen es leichtfertig erscheinen, dass einige Hersteller ihre Produkte nicht oder nicht ausreichend testeten.

Die Praxis liefert genügend Fälle, die bestimmten Teilen oder ganzen Serien schlechte Zeugnisse ausstellen. Dies ist den betreffenden Firmen auch bekannt; die Teile wurden nämlich oft noch in der laufenden Produktion oder spätestens bei den Nachfolgemodellen entscheidend verbessert. Trotzdem rufen die Firmen nur sehr vereinzelt gefährliche Produkte zurück. Das ist unverantwortlich. Die Hersteller sollten aktiv werden, bevor es zu Stürzen mit gravierenden Folgen kommt. Dies verlangt auch das Gesetz im Rahmen der Produkthaftungspflicht.

Um Unfälle aufgrund von Fabrikationsmängeln zu vermeiden, sollte nur Material auf den Markt gebracht werden, dessen Lebensdauer auf den Einsatzzweck hin geprüft wurde. Teile sollten darüber hinaus mit einer Art Verschleißindikator oder zumindest mit "Verfallsdatum" versehen werden.

Dipl.-Ing. Dirk Zedler, Fahrrad-Sachverständiger, Ludwigsburg

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